Ellbogendysplasie (ED)
Drei Knochen sind an der Bildung des Ellbogengelenkes beteiligt d.h. der Oberarmknochen (Humerus), die Elle und die Speiche. Damit die Bewegung
reibungsfrei verläuft, müssen die Gelenkflächen dieser Knochen exakt zusammen passen und mit der intakten Knorpelschicht bedeckt sein. Kommt es zur
Bildung einer Stufe im Gelenk und/oder wird der Knorpel auf andere Weise geschädigt, ist die Folge eine Gelenkentzündung und langfristig die Bildung einer Arthrose. Die Tiere haben Schmerzen und lahmen. Bei der ED handelt
es sich um eine Erkrankung des Ellbogengelenks (multifaktorielle Erkrankung). Ursache dieser Erkrankung ist eine Fehl- Missbildung des Gelenks, Wachstumsstörungen, Unfall oder Traumata. Es kommt häufig zu diesem Problem, wenn die am Gelenk
beteiligten Knochen nicht zueinanderpassen. Genau wie bei der
HD ist die ED auch genetisch bedingt, ED kommt vor allem bei größeren Hunderassen vor. Betroffene Hunderassen von ED sind insbesondere große, schnell wachsende
Hunde wie z.B. Berner Sennenhund, Labrador Retriever, Bordeaux Doggen,
Deutscher Schäferhund und Neufundländer, Rottweiler und deren Mischlinge. Auch Rassen mit angeborenen Störungen in der Knorpel- und Knochenbildung wie Teckel, Mops und Pekinese gehören zur
Risikogruppe. Es gibt einige Faktoren die ,
die ED fördern können wie z.B. falsche Ernährung und die falsche Haltung des
Tieres. Auch ein Unfall kann ebenfalls eine Ursache dieser Erkrankung sein.
Die Abbildung zeigt die Röntgenaufnahme eines normalen Ellbogengelenkes Quelle: Kleintierspezialisten |
Vorbeugung:
Durch das Röntgen von Zuchttieren und
feststellen von ED-belasteten Hunden sollten sie wegen der Vererbbarkeit von der Zucht ausgeschlossen werden. Zur weiteren Bekämfung in der Zucht wird von einigen Verbänden eine Auswertung durchgeführt. Dazu werden Röntgenaufnahmen von anerkannten Gutachten beurteilt. Prinzipiell sind beide Ellbogengelenke zu röntgen und die Tiere müssen zum Zeitpunkt der Untersuchung ein Alter von mindestens 12 Monaten haben. Zur Röntgenaufnahme sind jeweils eine seitliche (mediolateraler Strahlengang) in 40-90° Beugehaltung sowie eine kraniokaudale in 15° Supination notwendig. Besser ist es, zwei mediolaterale Aufnahmen mit Beugewinkeln von 30 und von 100-120° zu erstellen, weil sich so eine IPA sicherer nachweisen lässt.
Symptome:
Erste Symptome einer ED ist ein steifer Gang oder Lahmheit der Vordergliedmaßen (ein oder beidseitig lahmend), die nach längerer Ruhe oder starker Belastung am deutlichsten sind. Die Anzeichen einer ED können schleichend oder auch von heut auf morgen auftreten. Welpen die an einer Ed leiden, zeigen häufig noch keine Symptome. Dies liegt an der Tatsache, dass sich die Schmerzen und Bewegungsveränderungen erst mit zunehmendem wachstum bemerkbar machen. Sie treten erstmals im Alter von 4-8 Monaten auf. Zeigt ein Junghund von einer großwüchsigen Hunderasse im Alter ab 4-8 Monaten bereits Lahmheit der Vordergliedmaßen, sollte er umgehend einem Tierarzt vorgestellt und geröngt werden. Der Tierarzt kann dann zu einer geeigneten Behandlungsmethode raten.
Behandlung der ED:
Die ED ist nicht heilbar, allerdings können Tierarzt und Tierhalter einiges tun, um die Lebensqualität des Tieres zu verbessern.
Ist die ED diagnostiziert, kann die Behandlung auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Den Schmerzen kann man durch schmerzstillende
Medikamente begegnen, entzündungshemmende Medikamente sind oftmals Teil der Therapie. Daneben können auch physiotherapeutische und natuerheilkundliche Behandlungsmethoden zum Einsatz kommen. In schwerwiegenden Fällen wird der Tierarzt zu einer Operation (chirurgischer Eingriff) raten, um die schlimmste
Folge der ED verhindern zu können d.h. Dauerschmerz mit chronischer Lahmheit durch Entzündungund
fortschreitender Arthrosebildung (bereits bei Jungen Hunden). Im Anschluss
an die Operation der ED sollte das Tier geschont werden. Alle genannten Behandlungsmethoden zielen
auf ein langsameres Fortschreiten der Erkrankung und ein größtmögliches Maß an Schmerzfreiheit
für die erkrankten Hunde.
Schweregrade der ED:
Die ED wird je nach Ausmaß der Erkrankung in drei klinische Stadien eingeteilt. Dabei wird lediglich der schweregrad der Arthrose über das Ausmaß der Knochenzubildung (Osteophyten) beurteilt. Das Auftreten speziefischer Läsionen (wird eine Schädigung, Verletzung oder Störung bezeichnet) (FCP, IPA, OCD) wird lediglich vermerkt, nicht jedoch für die Klassifizierung verwendet.
Schweregrad |
Kriterien |
Grad 0: Normal |
keine Osteophyten oder Sklerose |
Grad I: Milde Arthrose |
Osteophyten kleiner als 2 mm oder Sklerose der Gelenkfläche (Incisura trochlearis) der Elle |
Grad II: Moderate Arthrose |
Osteophyten zwischen 2 und 5 mm groß |
Grad III: Schwere Arthrose |
Osteophyten größer als 5 mm |
Eine weitere Einteilung ist der ED-Score nach Lang. Hier wird anhand verschiedener radiologischer Merkmale eine Punkteklassifizierung erstellt, bei der sich Score zwischen 0 (keine ED) und 21 (schwere ED) ergeben.
Merkmal |
0 Punkte |
1 Punkt |
2 Punkte |
3 Punkte |
Osteophyten auf Proc. anconeus |
keine |
< 2 mm |
2–5 mm |
> 5 mm |
Osteophyten an anderen Lokalisationen |
keine |
< 2 mm |
2–5 mm |
> 5 mm |
Dichte Inc. trochlearis und Radiuskopf |
unauffällig |
geringgradig erhöht |
mittelgradig erhöht |
hochgradig erhöht |
Kongruenz des humeroulnaren Gelenkspalts, Stufenbildung zwischen Speiche und Elle |
unauffällig |
Stufe < 2 mm |
Stufe < 4 mm |
Stufe > 4 mm |
Proc. coronoideus medialis |
unauffällig |
– |
abnormale Form |
fragmentiert |
Proc. anconeus |
unauffällig |
– |
abnormale Struktur oder Form |
isoliert |
Trochlea humeri |
unauffällig |
– |
Unterformen der ED:
1. Osteochondrosis dissecans der Trochlea humeri (OCD des Ellbogens)
Das Ellbogengengelenk ist die (bewegliche) Verbindung zwischen Oberarmknochen (Humerus) und Elle (Ulna) und Speiche (Radius). Die Trochlea humeri bildet die Gelenkfläche auf der Seite des Oberarmknochens und ist wie alle Gelenkflächen mit Knorpel überzogen. Wenn man von einer Osteochondrosis dissecans der Trochlea humeri spricht, so heißt das, dass der Gelenkknorpel des Oberarmknochens durch eine Osteochondrose im Oberarm geschädigt wird. Bei einer Schädigung des Gelenkknorpels kommt es zu Entzündungen und später zu Arthrosen im Gelenk. OCD des Ellbogengelenks tritt häufig gemeinsam mit dem fragmentierten Processus coronoides medialis ulnae (FCP) auf. Eine Osteochondrose ist eine Störung der Umwandlung von Knorpel zu Knochen im Wachstum, "dissecans" heißt zerschneiden. Bei der OCD führt dies zum Absterben von Knochengewebe direkt unterhalb des gesunden Gelenkknorpels, erst als Folgeerscheinung der Knochenzersetzung kommt es später auch zu einer Schädigung des Gelenkknorpels. Die OCD tritt bei Hunden vor allem in der Schulter auf, kann aber auch in anderen Gelenken auftreten wie z.B. Ellbogengelenk.
Die Röntgenaufnahme eines Hundes mit OCD des Ellbogengelenkes. Die normalerweise glatte Gelenkkontur weist im Bereich der roten Makierung einen Defekt auf. |
2. Fragmentierter Processus coronoides medialis ulnae (FCP)
Der Processus coronoides medialis ulnae ist ein Knochenvorsprung an der Elle, der sich infolge einer Wachstumsstörung der beiden Unterarmknochen Elle und Speiche (wie z.B. ein zu langsames Wachstum der speiche) von der Elle ablöst und in der Folge zu schmerzen, Lahmheit und Arthrosen führt. Beim fragmentierten Processus coronoides medialis ulnae ist es möglich, dass die Lahmheit anfangs so gering ausgeprägt ist, dass sie von dem Besitzer erst im Laufe des 2. Lebensjahr auffällt.
Diese Abbildung zeigt das arthroskopische Bild (Arthroskopie = Gelenkspiegelung) eines Ellbogengelenkes mit fragmentiertem Processus coronoideus (FCP,FPC). Die Knochenoberflächen sind in diesem Fall nur wenig verändert. Quelle: Kleintierspezialisten |
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3. Isolierter Processus anconaeus (IPA)
Der Processus anconaeus ist ein Knochenvorsprung an der Elle, der dem Ellbogen Stabilität gibt. Dieser Knochenvorsprung verknöchert im Alter von 5 Monaten. Passiert das nicht, löst dieser sich von der Elle und führt zu Instabilität und Entzündungen im Gelenk. Diese Entzündung führen zur Lahmheit und später zu schwerer Arthrose.
Die Röntgenaufnahme eines Ellbogengelenkes mit einem isolierten Processus anconaeus (IPA). Rot umrandet ist der bereich, in dem die Verknöcherung nicht stattgefunden hat. Quelle: Kleintierspezialisten |
4. Inkongruenz:
Es wird unter diesem begriff eine Stufenbildung zwischen Elle und Speiche verstanden. In geringer Form ist eine Stufenbildung wahrscheinlich auch an der Entstehung des FCP und eventuell auch des IPA beteiligt. Im Falle der "Inkongruenz" als eigenständiges Erscheinungsbild des FCP ist die Stufe jedoch erheblich und eigentlich Ursache der Lahmheit. Betroffene Hunde müssen keine FCP oder IPA haben, durch die Stufenbildung kommt es jedoch zu einer ungleichmäßigen Belastung der Gelenkflächen und damit zu Überlastung, in denen Knorpel und unterliegender Knochen geschädigt werden. Dadurch kommt es wiederum zu einer Entzündung des Gelenkes und in Folge zu Lahmheit, schmerzen und Arthrose.
Die Röntgenaufnahme eines hundes mit einer deutlichen Stufe im Ellbogengelenk. In diesem Fall ist die Diagnose eindeutig. Häufig wird eine Stufe im Röntgenbild jedoch nur vorgetäuscht, da sich mehrere Knochenstrukturen überlagern. Quelle: Kleintierspezialisten |
Alle Erscheinungsformen sind im Prinzip eine eigenständige Erkrankung. Zusammengefasst werden sie denn noch durch den Sammelbegriff der "Ellbogengelenkdysplasie", da sie alle Ausdruck einer Fehlbildung des Gelenkes sind. Außerdem haben sie alle ähnliche Folgen für das Gelenk diese sind Entündung und Arthrose. Alle Formen sind nicht "heilbar". Das bedeutet, dass ein erkranktes Gelenk immer erkrankt bleiben wird, auch wenn durch eine adäquate Therapie meist eine verbesserung der Lhmheit und reduzierte Schmerzhaftigkeit erreicht werden kann.